predigt

Zum Altarfest unserer Kirche (2025)

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Liebe Brüder und Schwestern in Christus! Heute feiern wir das Gedenken des ehrwürdigen Simeon des Styliten vom Wunderbaren Berg – des Schutzpatrons unserer Kirche, unter dessen Fürsprache wir uns hier zum Gebet versammeln. Wenn wir d...…
Roman Bannack, Priester | Zugriffe: 43
Zum Altarfest unserer Kirche (2025)

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Heute feiern wir das Gedenken des ehrwürdigen Simeon des Styliten vom Wunderbaren Berg – des Schutzpatrons unserer Kirche, unter dessen Fürsprache wir uns hier zum Gebet versammeln.

Wenn wir das Leben des heiligen Simeon lesen, mag er uns zunächst wie ein ferner, fast unverständlicher Heiliger erscheinen. Fern in der Zeit – denn er lebte im 6. Jahrhundert. Fern von unserer Lebenswirklichkeit – denn er begann seinen asketischen Weg schon als Kind: Mit sechs Jahren entsagte er der Welt, und mit sieben bestieg er eine Säule, um sein Leben ganz Gott zu weihen. Fast sein gesamtes Leben verbrachte er auf Säulen – zuerst auf einer, dann auf einer anderen – in unablässigem Gebet und Fasten.

Betrachten wir nur seinen Tagesablauf: Seine Vita berichtet, dass der Heilige von Sonnenaufgang bis zur neunten Stunde betete, dann bis zum Sonnenuntergang heilige Bücher las und abschrieb, und nach Einbruch der Nacht wiederum im Gebet verharrte – bis zum Morgengrauen. Erst bei Tagesanbruch ruhte er kurz. Vergleichen wir das mit unseren eigenen asketischen Bemühungen, selbst in der Strenge der Großen Fastenzeit, müssen wir eingestehen: Ein solches Leben, wie der heilige Simeon es führte, ist für uns praktisch unerreichbar. Und schon deshalb neigen wir vielleicht dazu, dies als Legende, ja sogar als fromme Erzählung abzutun – als alte Heiligenliteratur.

Doch die Kirche – und besonders wir – bewahren sein Gedächtnis nicht wegen dieser, aus unserer Sicht exotischen, Einzelheiten, sondern weil Gott durch den heiligen Simeon bis heute wirkt.

Uns ist keine andere Kirche bekannt, die diesem Heiligen geweiht wäre. Darum glauben wir, dass der Herr auf die Fürbitte des ehrwürdigen Simeon unsere Gemeinde auf besondere Weise beschützt hat – und weiterhin beschützt – und das seit nunmehr über 150 Jahren.

Die Geschichte unserer Gemeinde begann schon vor dem Bau der Kirche – mindestens im Jahr 1813. 1874 wurde dann die Kirche selbst geweiht, errichtet durch die Mühen vieler Menschen. Und besonders berührend ist: Von Anfang an waren an diesem gottgefälligen Werk nicht nur Orthodoxe beteiligt, nicht nur Zuwanderer aus dem Russischen Reich, sondern auch Dresdner Bürger – Protestanten. Das Grundstück wurde der Gemeinde von einem deutschen Wohltäter geschenkt, der Architekt der Kirche war Protestant, und auch der erste Fürsprecher für die Finanzierung des Baus war nicht orthodox. Diese Hilfe zeigt, dass die orthodoxe Kirche hier in diesem Land stets Unterstützung und Verständnis fand. In Dankbarkeit gedenken wir aller, die gebaut, gespendet, gebetet und die Gemeinde in verschiedenen Zeiten getragen haben – unabhängig von ihrer Herkunft oder Konfession.

In 151 Jahren hat die Kirche viel durchgemacht. In den schwersten Kriegsjahren blieb sie unzerstört, und selbst in der schrecklichen Nacht der Bombardierung Dresdens bot sie denen Schutz, die in ihr Zuflucht suchten – und keiner von ihnen kam zu Schaden. Man könnte fragen: Ist dieses unzweifelhafte Wunder weniger „fantastisch“ als manche Erzählung aus dem Leben unseres Heiligen? Auch dies, so glauben wir, ist die Frucht seiner heiligen Fürbitten vor dem Thron Gottes. Trotz aller Umbrüche, Katastrophen und Zeitenwenden – hier verstummte das Gebet nie.

Dieses große Erbe ist nicht lediglich historische Erinnerung, sondern ebenso auch Auftrag an uns. Heute sind wir ein Glied in dieser Kette. Wir sind nicht nur Erben, sondern berufen, Bewahrer und Weiterführende zu sein. Auf uns liegt die Sorge für die Kirche, das Gebet für alle, die hier gebetet haben und noch beten werden, die Verantwortung, dass dieser Ort weiterhin ein Haus Gottes bleibt – wo jedermann Trost, Halt, Stille und Heil finden kann.

Lasst uns daher dankbar des ehrwürdigen Simeon gedenken und seiner wirksamen Hilfe – und lasst uns unermüdlich dafür arbeiten, dass unsere Kirche ein Ort lebendigen Gebets, des Glaubens und der Liebe bleibt. Möge unser himmlischer Schutzpatron, Simeon der Stylit vom Wunderbaren Berg, auch weiterhin ein Fürsprecher sein für unsere Kirche und alle, die mit Liebe hier eintreten.

Ehrwürdiger Vater Simeon, bitte Gott für uns! Amen.

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Diese Aufnahme entstand im Jahr 1946.

Geschrieben von Roman Bannack, Priester