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Predigt zu Allerheiligen (2025)

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes! Liebe Brüder und Schwestern in Christus! Am ersten Sonntag nach Pfingsten feiert die Heilige Kirche das Fest Allerheiligen. Dies ist der Tag, an dem wir all derer gedenken, die heilig (ὅσιος) geworden sind – das heißt, wie das Wo…
Roman Bannack, Priester | Zugriffe: 10

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!

Liebe Brüder und Schwestern in Christus! Am ersten Sonntag nach Pfingsten feiert die Heilige Kirche das Fest Allerheiligen. Dies ist der Tag, an dem wir all derer gedenken, die heilig (ὅσιος) geworden sind – das heißt, wie das Wort selbst es ausdrückt, „Gott sehr ähnlich“. Denn Gott ist seinem Wesen nach heilig, der Mensch aber kann nur in dem Maße heilig sein, wie er Gott angehört und sich Ihm angleicht. Heilig zu sein ist ein Gebot, das uns gegeben wurde: „Seid heilig, denn ich bin heilig“, spricht der Herr (Lev 11:44; vgl. 1 Petr 1:16).

Heilige sind nicht einfach nur Menschen, die von der Kirche kanonisiert wurden. Es sind Menschen, die, wie der Apostel sagt, „durch Glauben Königreiche bezwangen, Gerechtigkeit wirkten, Verheißungen erlangten…“ (Hebr 11:33).

Vielleicht sind wir deshalb gewohnt zu denken, Heilige seien besondere, andersartige Menschen: Mönche, Einsiedler, Märtyrer. Als wären sie von Geburt an gerecht und frei von Sünde gewesen. Doch in Wahrheit sind sie genau wie wir. Sie wurden nicht als Heilige geboren – sie sind es geworden. Manche schon in ihrer Jugend, andere erst im Alter. Manche im Kloster, andere in der Welt. Unter ihnen waren Fischer und Krieger, Mütter und Kinder, Reiche und Arme, Gebildete und einfache Menschen.

Was aber eint sie? Dass sie, wie das heutige Evangelium sagt, Christus vor den Menschen bekannten (Mt 10:32), dass sie Ihn über alles stellten – über Vater und Mutter, ja sogar über ihr eigenes Leben (vgl. Mt 10:37–38). Sie nannten sich nicht nur Christen – sie waren Jünger Christi. Sicher nicht vollkommen – aber sie folgten Ihm entschieden nach.

Als der Apostel Petrus zu Christus sagte: „Siehe, wir haben alles verlassen und sind Dir nachgefolgt“ (Mt 19:27), sprach er nicht nur von Besitz, sondern vor allem von sich selbst. „Alles verlassen“ bedeutet, Christus über alles zu setzen. Nicht unbedingt, alles zu verlieren, sondern alles Ihm unterzuordnen. Ein Heiliger ist nicht, wer nichts besitzt, sondern wer nichts außerhalb Gottes für sich beansprucht. Und dann, so die Verheißung Christi, wird alles „hundertfach“ vermehrt (Mt 19:29). Alles, was wir haben, kann zur Ehre Gottes dienen – wenn wir selbst Gott angehören, Der, wie es im Hymnus heißt, „allein heilig“ ist.

Doch was bedeutet es, Gott anzugehören? Es bedeutet, „heilig“ (ὅσιος) zu sein, Ihm ähnlich zu werden, wie es von Anfang an gedacht war, als der Mensch „nach dem Bild und der Ähnlichkeit Gottes“ erschaffen wurde (Gen 1:26). Das Bild tragen wir von Geburt an. Die Ähnlichkeit können wir durch unser Leben erlangen.

Ein Heiliger ist jemand, in dem durch die Gnade des Heiligen Geistes, der an Pfingsten ausgegossen wurde, die verlorene Gottesähnlichkeit wiederhergestellt ist. Die Ähnlichkeit mit Gott ist nicht nur äußeres Verhalten, sondern ein inneres Leben, das nach dem Vorbild Gottes selbst gestaltet ist. Gott ist Liebe – also wird, wer wahrhaft liebt, Gott ähnlich. Gott ist Barmherzigkeit – wer barmherzig ist, hat Anteil an Gott. Gott ist Sanftmut und Wahrheit – und ein sanftmütiger Mensch, der in der Wahrheit lebt, wird teilhaftig am göttlichen Leben.

Der Prophet Jesaja überliefert die Worte des Herrn: „Ihr seid meine Zeugen – Spruch des Herrn – und mein Knecht, den ich erwählt habe, damit ihr erkennt und mir glaubt und einseht, dass ich es bin … Ich bin der Herr, und außer mir gibt es keinen Retter“ (Jes 43:10–11). Die Heiligen sind genau diese Zeugen Gottes. Durch ihr Leben bezeugen sie, dass Gott lebt, dass Christus auferstanden ist, dass der Geist wirkt und dass das Heil möglich ist.

Gäbe es keine Heiligen, wäre die Auferstehung Christi für uns nur eine alte Geschichte. Doch wir glauben nicht nur daran, weil es im Evangelium geschrieben steht, sondern weil wir ihre Kraft in den Antlitzen der Heiligen leuchten sehen. Und wenn diese Kraft in ihnen wirkte, dann kann sie auch in uns wirken. Der, der heilig ist, ist Einer – doch Er ist mit allen, die Ihm ähnlich werden.

Amen.

Geschrieben von Roman Bannack, Priester