Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!
Das heutige Evangelium, liebe Brüder und Schwestern, führt uns an den Fuß des Berges, von dem der Herr gerade herabgestiegen ist – nach Seiner göttlichen Verklärung vor den drei Jüngern Petrus, Jakobus und Johannes. Für uns im liturgischen Leben der Kirche liegt das Fest der Verklärung des Herrn noch vor uns; doch in der Heilsgeschichte war dies ein Augenblick himmlischer Herrlichkeit – und unmittelbar darauf sehen sich Christus und die Jünger mit menschlicher Trauer, Krankheit, geistlicher Schwäche und Verzweiflung konfrontiert.
Am Fuß des Berges herrscht kein Jubel, sondern eine lärmende Menge in hilfloser Hektik. Die Jünger, die unten geblieben waren, vermochten dem kranken Knaben nicht zu helfen. Sein Vater, von Angst um den Sohn gequält, wendet sich in letzter Hoffnung an Christus: Die Jünger haben es nicht geschafft, vielleicht hilft der Meister.
Wir können seinen Schmerz nachvollziehen. Für die Menschen jener Zeit bedeutete eine solche Krankheit nicht nur Qual, sondern auch gesellschaftliche Ächtung. Diese Verzweiflung erinnert an die Worte des gerechten Hiob: „Warum gibt man dem Mühseligen Licht und Leben den betrübten Herzen, die des Todes warten, und er kommt nicht…?“ (Hiob 3,20–22).
Christus heilt, weist aber auf die Wurzel hin: „um eures Kleinglaubens willen“. Selbst die Jünger, die bereits ausgesandt worden waren, Kranke zu heile und Dämonen auszutreiben (vgl. Mt 10,8), waren aufgrund Kleinglaubens machtlos. Dieser Tag wurde für sie zu einer Prüfung: das Scheitern beim Knaben, die Klage des Vaters, der Vorwurf des Herrn – und zum Schluss noch die Kunde von den kommenden Leiden Christi selbst.
Wir wissen, dass später, als der Heilige Geist über sie kam, ihr Glaube so wirksam wurde, dass sogar der Schatten des Apostels Petrus Kranke heilte. Doch bis dahin glich ihr Weg dem, wovon der Apostel Paulus heute im Korintherbrief spricht: „Wir sind ein Schauspiel geworden für die Welt… wir sind schwach… wir werden geschmäht… wir sind wie der Abschaum der Welt“ (1 Kor 4,9–13). Der Glaube der Apostel wuchs nicht in der gelehrten Stille der Bibliotheken oder in der Behaglichkeit der akademischen Theologie, sondern reifte im Kampf mit Zweifeln und Prüfungen.
Wir, liebe Brüder und Schwestern, sind Teil derselben Heiligen Kirche, die vom Heiligen Geist erfüllt ist, und tragen denselben Glauben, den uns die Apostel überliefert haben. Mag unsere eigene Glaubensschwäche uns auch keine Wunder wirken lassen und wir, wie damals die Jünger Christi, kein Kind heilen können – doch haben wir genug Möglichkeiten, die Gebote Christi zu erfüllen. Denn nicht selten kommt jemand zu uns oder in die Kirche wie jener Vater – mit Schmerz, mit letzter Hoffnung. Wehe uns, wenn er wieder geht, nachdem er Kälte und Gleichgültigkeit erfahren musste. Wir müssen nicht fürchten, dass uns jemand vorwerfen könnte: „Ich war krank, und sie haben mich nicht geheilt“; aber was ist mit „Ich war krank, und ihr habt mich nicht besucht, oder ihr habt nicht für mich gebetet“? In solchen Fragen, liebe Brüder und Schwestern, dürfen wir nicht fehlen, denn dies liegt in unserer Macht – auch ohne Wunder.
Der Glaube, von dem Christus spricht, dass er Berge versetzen kann, das sind keine Regeln und Rituale, sondern das ist grenzenloses Vertrauen in Gott. Und vom Glauben, der das Böse überwindet, sagt der Herr, er werde erreicht „durch Gebet und Fasten“ (Mt 17,21), das heißt, durch Hinwendung zu Gott und durch Enthaltsamkeit. Nicht umsonst sind wir jetzt in die Tage der Fastenzeit vor dem Fest Entschlafung Mariae eingetreten: Die Kirche gibt uns gleichsam die Schlüssel zu diesem Sieg an die Hand.
Vertrauen wir dem Herrn und bitten wir Ihn, uns im Glauben der Apostel zu stärken, damit auch in unserer Schwachheit Sein heiliger Wille geschehe. Amen.