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Ein unvergesslicher Höhepunkt im Leben der Dresdner Gemeinde war der Festgottesdienst des Moskauer Patriarchen Alexij II. am 23. November 1995.

Gottesdienst: Rechts von Alexij II. Metropolit Kyrill. Vorsitzender der Abteilung für auswärtige kirchliche Angelegenheiten beim Patriarchat und Erzbischof Longin. Vertreter der Russisch - Orthodoxen Kirche in Deutschland
Gottesdienst: Rechts von Alexij II. Metropolit Kyrill. Vorsitzender der Abteilung für auswärtige kirchliche Angelegenheiten beim Patriarchat und Erzbischof Longin. Vertreter der Russisch - Orthodoxen Kirche in Deutschland
Der Metropolit Kyrill von Smolensk, der Vertreter des Moskauer Patriarchen in Deutschland Erzbischof Longin, der Bischof von Berlin und Deutschland Feofan und andere orthodoxe Bischöfe nahmen daran teil. Der sächsische Ministerpräsident Prof. Kurt Biedenkopf, der Generalkonsul der Russischen Föderation Wassilij Smirnow, die obersten Vertreter der evangelisch-lutherischen Landeskirche und der römisch-katholischen Kirche, Bischof Volker Kreß und Bischof Joachim Reinelt, Altbischof Johannes Hempel sowie weitere namhafte Persönlichkeiten waren zu diesem festlichen Anlass Ehrengäste der Russisch-Orthodoxen Kirche.

 

In der Dreikönigskirche: Alexij II. und Altbischof der evangelisch-lutherischen Landeskirche Johannes Hempel
In der Dreikönigskirche: Alexij II. und Altbischof der evangelisch-lutherischen Landeskirche Johannes Hempel
Seit 1984 hat sich die Dresdner orthodoxe Gemeinde stetig vergrößert und zählt heute über 1000 Mitglieder. Zu diesem Wachstum trugen vor allem deutschrussische Familien, darunter viele Spätaussiedler, die in Deutschland eine neue Heimat fanden, bei. Oft ist die Kirche für diese Menschen der erste Anlaufpunkt, der Ort, an dem ihnen Hilfe zuteil wird bei den vielfältigen kleinen und großen Schwierigkeiten des Alltags. Auf Behörden und Ämtern, bei Sprachproblemen oder bei ganz alltäglichen Dingen - die Gemeindemitglieder unterstützen einander und leisten auf diese Weise einen wichtigen Beitrag zur schnellen Integration.

Neben ihrer sozialen Arbeit besteht eine wesentliche Aufgabe der orthodoxen Gemeinde auch darin, ein lebendiger Bestandteil des kulturellen Lebens der Stadt Dresden zu sein.

 

Patriarch Alexij lI. mit Ministerpräsident des Freistaates Sachsen Prof. Dr. Kurt BiedenkopfAlexij lI. mit Ministerpräsident des Freistaates Sachsen Prof. Dr. Kurt Biedenkopf
Einwohner und auch Besucher der sächsischen Landeshauptstadt, andere christliche Gemeinden Dresdens oder auch Schulklassen machen gern von der Möglichkeit Gebrauch, sich in Gesprächen und bei sachkundiger Führung mit der reizvollen Architektur der Kirche und dem orthodoxen Brauchtum vertraut zu machen. Das öffentliche Interesse zum Tag des offenen Denkmals legte dafür ein beredtes Zeugnis ab. Zu besonderen Anlässen finden Konzerte russischer Sakralmusik statt. Die herrlichen Stimmen der Chöre und Solisten vermitteln einem andächtig lauschenden Publikum einen nachhaltigen Eindruck vom Reichtum orthodoxer Gesänge.

Mittelpunkt des orthodoxen Gemeindelebens ist der Gottesdienst, die Göttliche Liturgie an den Sonntagen und den kirchlichen Feiertagen, dem am Vorabend die Nachtwache vorausgeht sowie die Lesungen von Lobeshymnen (Akathistos) an anderen Wochentagen. Aber nicht nur zu den Gottesdiensten kommen einzelne Gläubige oder ganze Familien in die Kirche, um mit dem Priester Gebete zu unterschiedlichen Anlässen zu verrichten, sondern auch um Ratschlag und Hilfe in verschiedenen Lebenssituationen zu holen.

 

Auf dem russischen Militärfriedhof in Dresden
Auf dem russischen Militärfriedhof Dresden

Der gegenwärtige Dresdner Geistliche, Erzpriester Georgi Dawidow, ist für die orthodoxen Christen Dresdens und der weiteren Umgebung ein aufrechter Seelsorger, dem sie Vertrauen und große Achtung entgegenbringen.

Erzpriester Georgi Dawidow
Man darf nicht vergessen, dass der Atheismus bis zum politischen Umbruch "Staatsreligion" in der gesamten Sowjetunion war. Kirche und Religion waren bestenfalls geduldete Privatangelegenheit des einzelnen Staatsbürgers und hatten vor allem im staatlichen Unterrichtssystem keinen Platz.

Nach zwei Armeepflichtjahren, das letzte Halbjahr verlief in Magdeburg, kehrte Dawidow 1970 nach Moskau zurück. Kurz darauf schaffte er die Aufnahme ins Priesterseminar von Sagorsk, heute wieder Sergijew Posad.

Das Theologiestudium für angehende russisch-orthodoxe Geistliche dauert in der Regel acht Jahre, davon vier Jahre Seminar und weitere vier Jahre Akademie. Das Grundstudium umfasste neben den theologischen Grundlagen vor allem alte Sprachen wie Kirchenslawisch, Griechisch und Hebräisch, allgemeine und Kirchengeschichte sowie Homiletik (Predigtkunde).

Für die Gestaltung des Privatlebens eines russisch-orthodoxen Geistlichen gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten: Heirat und Gründung einer Familie, freiwilliges Zölibat oder Eintritt in den Mönchsstand. Das Schicksal entschied für Georgi in Gestalt von Marina, die er schon seit der Schulzeit kannte. 1974 wurde Hochzeit gefeiert. Ein Jahr später kam der ältere Sohn Pjotr (Peter) zur Welt. Der zweite Sohn Pawel (Paul) ist ein "waschechter" Dresdner (geb. 1987).

Georgi Dawidow durchlief die Vorstufen zum vollen Priestertum - Vorleser, Hypodiakon und Diakon - bis zu seinem Abschluss 1977. Seine Examensarbeit schrieb er über den heiligen Kyrill von Alexandria und dessen Christologie.

Erzpriester Georgi Dawidow (geb. 20. Mai 1950 in Moskau) stammt aus einer tiefreligiösen Familie, aus der immer wieder Mädchen als Nonnen in Klöster eintraten. Alle Familienmitglieder waren vom Glauben an Gott geprägt. Der Berufswunsch, Priester zu werden, kristallisierte sich von allein heraus.

Erzpriester Georgij Dawidow bei Papst Johannes Paul II.
Erzpriester Georgij Dawidow bei Papst Johannes Paul II.
"Anschließend studierte ich beim Papst", sagt Dawidow schlicht. Der junge Priester erhielt die Chance, seinen Doktor der Theologie an der Gregorianischen Universität in Rom zu machen. Drei Jahre lebte er in der "ewigen Stadt". Seine Doktorarbeit beschäftigte sich mit der Sophologie (Weisheitslehre) des Philosophen und Priesters Sergij Bulgakow.

Zurück in Moskau erhielt Dawidow 1981 seine erste Pfarrstelle im Stadtzentrum der russischen Metropole, wobei er zum Erzpriester ernannt wurde.

Zwei Jahre später hieß es schon wieder Koffer packen. Die neue Dienststelle war die russisch-orthodoxe Kirche in der marokkanischen Hauptstadt Rabat.

Zwei Jahre verbrachten die Dawidows in Marokko. Geradezu nahtlos kam die Versetzung nach Dresden. Es war im September 1984. Seit dieser Zeit, nun schon das 16. Jahr, ist Georgi Dawidow Geist und Seele der russisch-orthodoxen Gemeinde in Dresden, in der Kirche des ehrwürdigen Simeon vom wunderbaren Berge. Er leitet eine weit über 100 Jahre alte intakte Gemeinde, die zum festen Bestandteil des kirchlichen Lebens in Dresden gehört.

Georgi Dawidow erinnert sich gern daran, wie herzlich er von seinen lutherischen, katholischen und methodistischen Amtsbrüdern aufgenommen wurde, dienstlich und privat.

Mit dem katholischem Bischof von Dresden-Meißen Joachim Reinelt
Mit dem katholischem Bischof von Dresden-Meißen Joachim Reinelt
Sein älterer Sohn Pjotr studiert heute Betriebswirtschaft in Frankfurt am Main. Zu Besuch zu Hause hilft er auch bei Gottesdiensten. Der jüngere Sohn, 12 Jahre alt, geht in eine normale Schule in Dresden, muss aber schon frühzeitig lernen, dass er der Sohn eines Geistlichen ist: er liest bereits im Gottesdienst vor.

Die Ehefrau des Erzpriesters, Marina, ist nicht nur seine beste und erfahrenste Helferin in Vielen Fragen, sondern erledigt einen großen Teil der Schreibarbeiten, übernimmt die Telefonate und ist immer zu jeder Stunde für jeden da, der Hilfe oder Zuspruch braucht. Sie leitet die Bibliothek und organisiert die freiwilligen Arbeitseinsätze der Gemeindemitglieder, damit in den Kirchenräumen und auf dem Grundstück Ordnung gehalten wird. Sie bäckt Kommunionsbrötchen, singt im Chor. Und bei kleineren Gottesdiensten,wie z.B. Andacht auf privaten Wunsch, unterstützt ihre schöne helle Stimme den Samtbariton des Erzpriesters.

 

In der Familie
In der Familie

 

Von links nach rechts: Präsident des Sächsischen Landtages Erich Iltgen, Erzpriester Georgi Dawidow Protodiakon Gottfried Reinhardt, Oberbürgermeister Dr. Herbert Wagner
Von links nach rechts: Präsident des Sächsischen Landtages Erich Iltgen, Erzpriester Georgi Dawidow Protodiakon Gottfried Reinhardt, Oberbürgermeister Dr. Herbert Wagner
Für seine langjährige Tätigkeit sowie für seine besonderen Verdienste um die Erhaltung und Entwicklung des Gemeindelebens und um die Erneuerung des Gotteshauses wurde Erzpriester Georgi Dawidow zum 125. Weihungstag der Dresdner Kirche mit der Würde eines Mitra tragenden Erzpriesters geehrt.

Dr. Dawidow versteht sein Priestertum vor allem als Aufgabe, für alle Menschen da zu sein, nicht nur für die regelmäßigen Gottesdienstbesucher.
 
Trauung
Trauung
Taufe
Taufe. Allein 1999 wurden mehr als 40 Menschen im russisch-orthodoxen Glauben getauft.
Kommunion
Kommunion

Längst ist die Kirche des Heiligen Simeon vom wunderbaren Berge zum Zentrum des orthodoxen Lebens in Dresden geworden. Neben den Russen betrachten auch andere orthodoxe Christen wie Serben, Bulgaren, Ukrainer, Moldawier, Georgier, Armenier und Rumänen das Gotteshaus im Universitätsviertel als „ihre Kirche". Hinzu kommt die immer größer werdende griechische Gemeinde. Sprachprobleme gibt es kaum. Die Liturgie wird im traditionellen Kirchenslawisch gesungen, die Textlesung erfolgt in Russisch und Deutsch.

Immer wieder kommen Menschen in die Kirche, die sich ganz einfach für die Tradition der russischen Gemeinde und die Geschichte des Gotteshauses in der Residenzstadt interessieren. Dabei erweist sich der Priester immer wieder als perfekter Fremdenführer.
 
Bei einer Probe: Kirchenchorgruppe unter der Leitung von Kantor Igor Daniljuk (links im Bild). Heute zählt der Kirchenchor mehr als 20 Mitglieder.
Bei einer Probe: Kirchenchorgruppe unter der Leitung von Kantor Igor Daniljuk (links im Bild). Heute zählt der Kirchenchor mehr als 20 Mitglieder.


Inge Fink
"Als Kind wurde ich durch ein Gebet eines russisch - orthodoxen Geistlichen von einer schweren Krankheit geheilt“, - erzählte Frau Fink, - "später, als junge Frau, lernte ich die Traditionen und Gottesdienste der russischen Orthodoxie kennen und entschied mich, mein Leben Gott und der Russisch-Orthodoxen Kirche zu widmen." Erst in Leipzig, dann ab 1963 in Dresden, übte Frau Inge Fink (in der Taufe - Schwester Anna) verschiedene Tätigkeiten im Gotteshaus aus: sie . kümmerte sich um die Schreibarbeiten, half im Gottesdienst, sorgte für Ordnung und erzählte den Besuchern von der Schönheit des Gotteshauses und der orthodoxen Liturgie. Sie sprach perfekt Russisch. Ihre wunderschöne Stimme klang im Kirchenchor, den sie später viele Jahre als Kantorin leitete.

Frau Fink wurde mehrmals vom Patriarchen von Moskau und ganz Russland mit hohen Auszeichnungen geehrt.

Protodiakon Gottfried Reinhardt
1935 in Dresden geboren und in der Frauenkirche in der evangelischen Konfession getauft, ist Gottfried Reinhardt ein gebürtiger Sachse. Er ist eine sehr beliebte und bekannte Persönlichkeit des Kulturlebens der Stadt Dresden.

Architekturstudium an der Technischen Universität Dresden, Abschluss 1961; nebenher Beschäftigung mit Malerei und Bühnenbild; Arbeit als Gestalter im DEFA-Trickfilmstudio; Bühnenbildner im Stadttheater Bautzen/Sachsen; Assistent im Fach "Grundlagen der Gestaltung" an der Architekturabteilung TU Dresden; Bühnenbildner im Theater Freiberg und in Görlitz - das ist Teil des beruflichen Weges Herrn Reinhardts. Seit 1972 ist er freischaffend als Trickfilmgestalter und Bühnenbildner tätig: Gleichzeitig gründete er ein Puppentheater, wobei er nicht nur die Szenarien selbst schreibt, sondern die Puppen anfertigt und das Spiel durchführt. Ab 1990 bis zur Rente war er Bühnenbildner am staatlichen Puppentheater.

Seit 1966 besuchte Gottfried Reinhardt regelmäßig die orthodoxen Gottesdienste in der russischen Kirche und trat im Dezember 1966 zu der Russisch-Orthodoxen Kirche bei Erzpriester Jewgenij Misejuk über. 1974 wurde er zum Psalmleser durch Erzbischof Filaret (heute Metropolit Filaret, Exarch von Weißrussland) geweiht. 1977 folgte ein Fernstudium am Geistlichen Seminar in Moskau. 1978 - Diakonweihe durch Erzbischof Melchisedek.

Seit November 1995 ist er Protodiakon der Russisch-Orthodoxen Kirche zu Dresden. Protodiakon Gottfried Reinhardt wurde mehrere Male vom Patriarchen von Moskau und ganz Russland ausgezeichnet und genießt große Achtung und Liebe der Gemeindemitglieder. Oft führt er Besucher oder Schulgruppen durch die Kirche und erzählt fachmännisch von der Schönheit der Architektur des Gotteshauses. Während des Gottesdienstes ist er immer an der Seite des Erzpriesters und seine starke Bassstimme erklingt bis hinauf zu den Kuppeln.

Viele Besucher und Gäste kommen gern in die Russisch-Orthodoxe Kirche zu Dresden: Schüler und Studenten, Dresdner Einwohner und Touristen, Vertreter anderer Konfessionen und russische Geistliche aus anderen Städten und Ländern, Kulturschaffende aus Russland und Deutschland.

 

Schülerbesuch beim Hl. Simeon, Dresden
Schülerbesuch

Sächsischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Prof. Dr. Hans Joachim Meyer, Oberbürgermeister Dr. Herbert Wagner, Präsident des Sächsischen Landtages Erich Iltgen

Altbischof der evangelisch-lutherischen Landeskirche Johannes Hempel (links), Metropolit Kyrill, Vorsitzender der Abteilung für auswärtige kirchliche Angelegenheiten beim Patriarch

 


Dresdner Bürgermeister fur Kultur, Jugend und Sport Jörg Stüdemann

Leiter des Kulturamtes Dresden Dr. Werner Barlmeyer

 


Von links nach rechts: Marina Dawidowa, Erzpriester Georgij Dawidow, Schriftsteller Tschingis Aitmatow, Schriftsteller und Publizist aus München Dr. Friedrich Hitzer

Der russische Dichter Jewgenij Jewtuschenko

 


Andachtsgebet für Dostojewskij
Andachtsgebet für Dostojewskij
Eines der interessanten kulturellen Ereignisse in Dresden, organisiert vom Deutsch-Russischen Kulturinstitut e.V., waren die Feierlichkeiten anlässlich des 175. Geburtstages Fjodor Dostojewskijs im November 1996.

Die Schirmherrschaft über die Festtage übernahm der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Dr. Herbert Wagner. Das wissenschaftliche Symposium mit namhaften Dostojewskij-Forschern aus Deutschland, Österreich, Russland und den USA wurde durch ein Kulturprogramm umrahmt.

In der Russisch-Orthodoxen Kirche fand ein Andachtsgebet statt. Anwesend waren Gäste aus Tübingen, Dresden und Moskau. Der Generalkonsul der Russischen Föderation Wassilij Smirnow trug sich in das Ehrenbuch der Gemeinde ein, Die Gemeindemitglieder legten symbolisch den Grundstein für ein zukünftiges Dostojewskij - Denkmal in Dresden. Damit verbanden sie die Hoffnung, dass die Stadt den großen russischen Schriftsteller gebührend würdigt und ihm ein Denkmal setzt.

 

Dostojewski-Denkmal
Modell des Dostojewskij-Denkmals.
Autor: Professor Alexander Rukawischnikow, Moskau

 

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