Hl. Simeon vom Wunderbaren Berge

Die vorliegende Vita des heiligen Simeon vom Wunderbaren Berge ist aus dem russischen Menaion übersetzt und stellt eine Kurzfassung der ausführlichen Vita, die sich u.a. im rumänischen Menaion findet, dar. Sie wurde im 7. Jahrhundert verfasst und ist vom Genre her eine klassische Heiligenlegende.

Hl. Simeon, der Stylit vom Wunderbaren Berg (521-596 a.D.)

Der hl. Simeon der (jüngere) Stylit vom Wunderbaren Berge wurde im Jahre 521 im syrischen Antiochia als Sohn frommer Eltern, Johannes und Martha geboren. Die hl. Martha (Gedenken am 4. Juli) verschrieb sich von jungen Jahren an dem ehelosen Leben und strebte zum Mönchtum, doch ihre Eltern bestanden darauf, dass sie eine Ehe mit dem Jüngling Johannes einging. Nach eifrigem Gebet in der Kirche des hl. Johannes des Täufers wurde der Heiligen in einer Vision vermittelt, sie solle dem Willen der Eltern folgen und die Ehe eingehen. Im Familienleben bemühte sich die Hl. Martha stets, Gott und ihrem Mann stets in allem gefällig zu sein. Oft betete sie, dass ihr ein Kind geschenkt werde, und versprach, dieses dem Dienst an Gott hinzugeben. In einer Vision erschien ihr Johannes der Täufer und verkündete ihr, dass sie einen Sohn gebären werde, der sein Leben Gott widmen wird. Den Jungen, der zur Welt kam, nannten sie Simeon und er wurde im Alter von zwei Jahren getauft.

Als Simeon im sechsten Lebensjahr war, erschütterte ein Erdbeben Antiochia, bei dem sein Vater ums Leben kam. Während dieses Erdbebens befand er sich in einer Kirche. Als er sie verließ, verirrte er sich und verbrachte sieben Tage bei einer frommen Frau, die ihn zu sich nahm. Johannes der Täufer, der Martha erneut erschien, sagte dieser, wo der verlorene Junge zu finden sei. Die Mutter des Heiligen fand den Jungen wieder und siedelte sich in einem Vorort von Antiochia an. Schon in seiner Kindheit erschien dem hl. Simeon mehrere Male der Herr Jesus Christus, sagte ihm seine künftigen Taten voraus und zeigte ihm seine Belohnung.

Im Alter von sechs Jahren ging der Junge Simeon in die Einöde, wo er einige Zeit in völliger Einsamkeit verbrachte. In dieser Zeit beschützte und ernährte ihn ein lichter Engel, der ihn auch in ein einsames Kloster führte, dessen Vorsteher Abt Johannes war; dieser Abt Johannes diente Gott, indem er sich auf einer Säule aufhielt, und er nahm den Jungen liebevoll auf.

Nach einiger Zeit bat Simeon Abt Johannes darum, ihm das Säulenstehen zu gestatten. Mit dem Segen des Abtes wurde unweit von dessen Säule von der Bruderschaft des Klosters eine weitere Säule errichtet. Abt Johannes, der zuvor die Mönchstonsur an dem siebenjährigen Jungen vornahm, begleitete ihn selbst auf die Säule. Der junge Mönch begann bald, vom Herrn gestärkt, sich schnell geistlich weiterzuentwickeln, und schon bald war seine Askese vollkommener als die seines erfahrenen Lehrmeisters. Für die strenge Askese bekam der hl. Simeon von Gott die Gnadengabe der Heilung. Die Kunde von der Askese des jungen Mönchs verbreitete sich auch außerhalb des Klosters, und aus vielen Orten kamen Mönche und Laien, die seinen Rat zu hören und Heilung von Krankheiten zu bekommen wünschten. Der demütige Asket folgte weiterhin der Anleitung seines geistlichen Lehrmeisters, Abba Johannes.

Im elften Lebensjahr entschloss er sich, eine höhere Säule, auf welche 40 Stufen emporführten, für sein asketisches Leben zu bewohnen. Es kam der Bischof von Antiochia an diesen Ort, der den hl. Asketen zum Diakon weihte, wonach ihm gestattet wurde, die neue Säule zu erklimmen, welche der hl. Simeon acht Jahre lang bewohnte.

Der hl. Simeon betete eifrig um die Gnade des Hl. Geistes, und das heilige Gebet des Asketen wurde erhört. Der Hl. Geist kam über ihn im Bilde einer brennenden Kerze und erfüllte ihn mit göttlicher Weisheit. Neben seinen mündlichen Belehrungen sandte der hl. Simeon schriftliche Belehrungen über die Reue, das Mönchtum, die Inkarnation Christi und das künftige Gericht.

Nach dem Tod des Ältesten Johannes regelte Simeon sein Leben folgendermaßen: von Sonnenaufgang bis zur neunten Stunde am Nachmittag betete er, danach las er bis Sonnenuntergang und fertigte Abschriften der hl. Schrift an, wonach er sich wieder dem Gebet widmete und die ganze Nacht betete. Als ein neuer Tag anbrach, begann er, nach kurzer Ruhepause, bei Sonnenaufgang wieder mit der üblichen Gebetsregel.

Der hl. Simeon beendete sein Stehen auf der zweiten Säule und siedelte sich, dem Willen Gottes folgend, auf dem Wunderbaren Berge an, und ließ einen erfahrenen Ältesten in seinem Kloster zurück, der den Mönchen ein Lehrmeister war. Seine Ansiedlung auf dem Wunderbaren Berge wurde durch eine Erscheinung des Herrn eingeleitet, Der auf der Kuppe eines Hügels stand. Der hl. Simeon setzte seine Übungen an dem Ort fort, an dem er den Herrn gesehen hat, erst auf einem Stein, und später auf der dort errichteten Säule. Dem hl. Simeon wurden die kommenden Dinge offenbart, so sagte er zum Beispiel den Tod des Bischofs von Antiochia, Ephraim, voraus und die Krankheit des Bischof Domnos, die ihn als Strafe für seine Unbarmherzigkeit ereilte. Endlich sagte der hl. Simeon der Stadt Antiochia ein Erdbeben voraus und arbeitete daran, die Bewohner davon zu überzeugen, Buße zu tun und ihre Sünden zu bekennen. Auf dem Wunderbaren Berge errichtete der Heilige ein Kloster, dessen Kirche aus Dankbarkeit von Menschen gebaut wurde, die er von Krankheiten geheilt hatte. Für den Bedarf des Klosters betete der Heilige um eine Wasserquelle, die dann dort erschien, und einmal, während einer Zeit der Dürre, vermehrte sich das Korn in den Speichern des Klosters nach seiner Fürbitte beim Herrn. Im Jahre 560, in seinem 39. Lebensjahr, nahm der hl. Asket auf ein Gebot des Herrn den Priesterstand an. Als er 75 Jahre alt war, wurde ihm vom Herrn sein kurz bevorstehender Tod bekannt. Er versammelte die Klosterbruderschaft um sich, gab ihnen nach einem Abschiedsgespräch den Segen und entschlief friedvoll im Jahre 596, nach 68 Jahren des Säulenstehens.

Wie zu Lebzeiten, so auch nach seinem Tode wirkte der Heilige Wunder, heilte Blinde, Gelähmte und Aussätzige, errettete viele vor wilden Tieren, trieb unreine Geister aus und ließ Tote auferstehen.