Osterbotschaft seiner Heiligkeit, des Patriarchen Kyrill, an die Erzpriester, Hirten, Diakone, die Mönche und Nonnen und alle gläubigen Kinder der Russischen Orthodoxen Kirche

Die Gnade Gottes ist erschienen, die heilbringend ist für alle Menschen. (Тit 2:11)

Im Herrn geliebte hochgeweihte Bischöfe, ehrwürdige Priester und Diakone, ihr Gott liebenden Mönche und Nonnen, liebe Brüder und Schwestern!

In der von Gottes Licht durchdrungenen Nacht, die vom großen Triumph und geistlicher Freude über den Herrn der Schöpfung, der den Tod besiegt hat, erfüllt ist, richte ich an euch alle den alten Ruf, der unerschütterlich von unserer unveränderten Vertrauen zeugt:

CHRISTUS IST AUFERSTANDEN!

Viele Generationen heiliger Männer und Frauen strebten danach, wenigstens in geringem Maße das zu erfassen, was vor fast zweitausend Jahren im lichtumwobenen Grab Christi passiert ist. Sie strebten danach, uns das Wissen von jenem wunderbaren Mysterium in der Grabeshöhle nahe der alten Jerusalemer Stadtmauer zugänglich zu machen, soweit das für den begrenzten menschlichen Verstand möglich ist. Sie suchten nach Bildern, die uns der Bewusstwerdung dieser wirklich grundlegenden, von Gott in jener Nacht gewirkten Veränderung am gesamten Weltgefüge näher bringen könnten.

Der heilige Johannes Chrysostomos schreibt folgendermaßen über dieses Ereignis: »Der Tag der Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus ist die Begründung der Welt, der Beginn der Versöhnung, die Einstellung feindlicher Handlungen, die Zerstörung des Todes, die Niederlage des Teufels« (Homilie zum Heiligen Paschafest).

Im Lichte des Gesagten werden die Worte des Apostelfürsten Paulus, der die Auferstehung des Heilands aus dem Grabe als neue Schöpfung der Welt und Bildung einer neuen Menschheit beschreibt, für uns mit besonderem Sinn erfüllt: »Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen; siehe, es ist alles neu geworden!« (2 Kor 5:17), lesen wir im Schreiben des Apostels an die Korinther.

Die Auferstehung des Herrn Jesus ist der Kerngehalt der christlichen Botschaft an die Welt. Nur dank dem Opfer von Golgatha, das unzertrennlich mit der Auferstehung in Herrlichkeit verbunden ist, bekommt jeder menschliche Wagemut, der auf die Quelle alles Guten ausgerichtet ist, seinen Sinn und seinen Wert. Das Opfer Christi wurde zur Antwort auf die von Menschen verschiedener Kulturen und Traditionen unternommenen Versuche, sich auf die Suche nach dem Lebendigen Gott zu begeben, denn den Worten der Heiligen Schrift gemäß ist der Herr Einer, der »die Person nicht ansieht, sondern dass in jedem Volk derjenige Ihm angenehm ist, der Ihn fürchtet und Gerechtigkeit übt« (Apg 10:34f), Er möchte, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen (vgl. 1 Tim 2:4). Diese angestrengten Bemühungen waren Ausdruck für die Erwartungen und Hoffnungen von Millionen von Menschen, die in verschiedenen Zeiten vergeblich nach einer Möglichkeit gesucht haben, ihren kläglichen Zustand zu überwinden und ein wirkliches »Leben [zu] haben und es im Überfluss [zu] haben« (Joh 10:10).

Das seit Anbeginn der Zeit vorgezeichnete Ereignis ist eingetreten. Fortan hat der Tod keine solche Macht mehr über den Menschen – »denn gleichwie in Adam alle sterben, so werden auch in Christus alle lebendig gemacht werden« (1 Kor 15:22). Pascha ist deshalb das wichtigste christliche Fest, weil der erniedrigte und gepeinigte Jesus aus Nazareth, von göttlicher Herrlichkeit umstrahlt, »[am dritten Tage auferstand] und bahnte dem Fleische den Weg zur Auferstehung von den Toten: (…) um selbst in allen Stücken voranzugehen« (Anaphora in der Basiliusliturgie).

Heute ruft Christus uns erneut alle zum Festmahl des Glaubens, zum Festmahl des Königreichs, Er ruft uns dazu, die Früchte Seines Erlösungswerks zu kosten, uns an dem Wasser satt zu trinken, das bis ins ewige Leben quillt (vgl. Joh 4:14). Aber unsere Gemeinschaft mit dem Herrn kann sich nicht auf die Teilnahme am Gottesdienst oder den persönlichen Eifer im Gebet beschränken. Sie muss sich in vollem Umfang in allen Aspekten unseres Leben spiegeln. Wir können nicht sorglos feiern, wenn wir wissen, dass es nebenan Menschen gibt, welche noch keine Freude eines Lebens in Gott erlangt haben, die leiden, trauern, einsam oder glücklos sind oder von Krankheiten gequält werden. Unsere heilige Pflicht ist die Sorge dafür, dass der Name Christi überall gepriesen wird, so dass die Menschen die guten Werke sehen, welche zu Ehren Gottes getan werden und so des orthodoxen Glaubens teilhaftig werden, ihre Herzen zum Vater hinwenden, der in den Himmeln ist.

Leider wirken in der Welt nach wie vor der böse Willen der Menschen und die teuflische Verführung. Doch in unseren Herzen darf die Mutlosigkeit keinen Platz haben, denn ungeachtet aller Nöte, Katastrophen, Konflikte und Widersprüche wissen wir, dass der Herr die Welt überwunden (vgl. Joh 16:33), über Sünde und Tod triumphiert hat. Deshalb haben wir die Möglichkeit, mit Wort und Tat von der Gnade zu zeugen, die uns durch die Gemeinschaft mit dem Heiland, dank unserem Verweilen in Seiner Kirche zuteil wird. Lasst uns eifrig sein im Befolgen der Gebote des Evangeliums, so dass die Nahen und Fernen durch unser Beispiel auch am Triumph des Glaubens und der Fülle der Gnade, die von Gott auf Seine gläubigen Kinder herabgesandt wird, teilzuhaben wünschen.

Nochmals beglückwünsche ich euch alle zum größten Festtag des Pascha, dem Fest der Auferstehung »von Jesus Christus, dem treuen Zeugen, dem Erstgeborenen aus den Toten und dem Fürsten über die Könige der Erde. Ihm, der uns geliebt hat und uns von unseren Sünden gewaschen hat durch Sein Blut, und uns zu Königen und Priestern gemacht hat für Seinen Gott und Vater – Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen« (Offb 1:5f.).

WAHRHAFTIG IST CHRISTUS AUFERSTANDEN!

+Kyrill, Patriarch von Moskau und ganz Russland
Moskau, Pascha Christi im Jahre 2017